Ein „Wand-Pionier“ – Alois Wildenauer
Touristische Erschließung
Der Österreichische Touristenklub legt 1879 durch seine Sektion Wiener Neustadt den ersten markierten Steig auf die Wand an. Er führt von Stollhof zum Jägerhaus bzw. zur Kleinen und Großen Kanzel. Noch sind die Schutzhütten nichts anderes als Senn- und Almhütten, das Angebot der Speisen ist einfach, muss doch jeder Laib Brot und jeder Schluck Wasser entweder in Buckelkörben oder auf dem Rücken von Maultieren oder Eseln auf die Höhe gebracht werden. – Die Straße auf die Hohe Wand wird erst 1932 eröffnet.Der namhafteste Pionier der Erschließungsphase in der Zwischenkriegszeit ist Pfarrer Alois Wildenauer.
Von 1911 bis 1921 betreute er die Pfarre Grünbach und nennt die Zeit seiner Tätigkeit hier die schönste seines Lebens: Jede freie Minute verbringt er mit der Erprobung neuer Aufstiegsrouten auf das Wandplateau. Nicht weniger als 184 vor ihm noch nie gegangener Steige erkundet Wildenauer. 1933 veröffentlicht er ihre Beschreibung in seinem Führer für die Hohe Wand und ihre nächste Umgebung . Aber nicht nur auf der Wand war der spätere Domprälat von St.Stephan in Wien unterwegs: Als er 1967 im 91. Lebensjahr starb, fanden sich in seinem Nachlass genaueste Aufzeichnungen von über 4000 Bergfahrten die er während seines langen Lebens in den Ost- und Zentralalpen unternommen hatte. Wildenauer wandte seine scharfe Beobachtungsgabe auch gegenüber seinen Bergfreunden an. Nach ihren Neigungen nennt er sie „Kaminfeger“, Turmkraxler“, Plattenbrüder“, „Gratreiter“ oder „Abseilnarren“. Seine Freunde gedenken des Wand-Pioniers Wildenauer auf besondere Weise: Sie errichteten eine Alois-Wildenauer-Ruhe fernab seiner geliebten Hohen Wand, wo kein Bergsteiger „gefordert“ wird: östlich des Schöpfls, im Sandstein-Wienerwald.
In Grünbach spricht man noch heute vom Bergnarren Wildenauer. So wird erzählt, dass er an manchen Sonntagen die Frühmesse zwar in vollem geistlichen Ornat las, darunter aber schon die komplette Bergsteigerkleidung trug, einschließlich der „G’nagelten“, das sind schwere, mit besonderen krallenartigen Nägeln, den so genannten „Tscheanken“ ausgestattete Kletterschuhe.