Rares Nass am Wegesrand
Vor 4 Milliarden Jahren
Das Plateau der Hohen Wand und seine Ausläufer bis zum Hausstein sind mit frei austretenden Quellen und Bächen gerade nicht gesegnet. Besser bestellt ist der Fuß des Hochplateaus, wenngleich bei einer Wanderung davon nicht viel zu erkennen ist. Doch ein Blick auf eine Spezialkarte, in der die Wasserreservoirs der einzelnen Gemeinden eingezeichnet sind, zeigt viele zu Reservoirs gefasste Quellen. Ähnlich der Rax, dem Schneeberg, dem Hochschwab, der Veitsch und der Schneealpe und den anderen Hochplateaus der Nördlichen Kalkalpen wirkt der Gebirgsstock der Hohen Wand wie ein Schwamm, der Niederschlagswasser aufnimmt und nur langsam wieder abgibt. Der Gebirgskörper, der dabei durchflossen wird, übt eine nicht zu verachtende Filterwirkung aus und reichert das durchsickernde Wasser mit gelösten Mineralien an. Diese Reise des Wassers ist dort zu Ende, wo es auf wasserundurchlässige Schichten stößt. An diesen undurchdringlichen Barrieren sucht es sich einen Weg ins Freie.
Je nach Beschaffenheit des Untergrundes, durch den das Quellwasser zum Austritt gezwungen wird, sprechen die Geomorphologen von Verwerfungs-, Überlauf-, Schicht- oder Stauquellen und arthesischen Brunnen. Am Fuß der Hohen Wand sind es vorwiegend Schichtquellen: Wasserdurchlässiges Kalkgestein liegt einer Lage wasserundurchlässigen Mergels auf, wie zum Beispiel bei der Kaltwasserquelle, die auf halben Weg zwischen Scheim und Plackles an die Oberfläche quillt. Ihr Einzugsbereich ist relativ klein, daher ist auch die Schüttung entsprechend gering und es lohnt sich nicht, zur Freude des Wanderers, sie zu fassen. Freilich in trockenen Perioden versiegt sie manchmal ganz. So führen auch die Bäche im Bereich des Grünbacher Beckens zu normalen Zeiten – Starkregenperioden und die Frühjahrsschmelze ausgenommen – nicht übermäßig viel Wasser. Der Johannesbach, der nach seiner Fassung beim Segen-Gottes-Turm als dünnes Gerinne zu Tage tritt, und der Grünbach, der südlich der Klaus entspringt, sind die einzigen Wasseradern, die das Gemeindegebiet durchziehen. Sie geben das meiste Wasser an den Talgrund ab, dessen Boden durchlässige, nacheiszeitliche Schotter bedecken. Doch das Wasser versickert nicht im Irgendwo. Tief im Untergrund fließt es dem Wiener Becken zu und speist das natürliche unterirdische Wasserreservoir der Mitterndorfer Senke.
Quellen sind Stellen an der Erdoberfläche, an der das aus Niederschlägen gespeiste Grundwasser dauernd oder zeitweilig ausfließt. Quellen bilden sich am Schittpunkt des Grundwasserspiegels mit der Erdoberfläche und wenn an einer Verwerfung eine wasserführende Schicht auf wasserundurchlässiges Gestein trifft. (A Verwerfungsquelle). Hoher Wasserdruck entlang steil aufragender Bruchzonen erzeugt arthesische Brunnen (B) .Im Kalkgestein sickert Wasser in Klüften ein, bis es über einen ausreichenden Grundwasserstauer wieder zu Tage tritt (C Überlaufquelle).Quellen entstehen unter anderem auch dort, wo wasserdurchlässige Gesteine auf wasserundurchlässigen liegen (D Schichtquelle) oder undurchlässige Gesteinsrippen das Grundwasser stauen und zum Aufsteigen zwingen (E Stauquelle).